Alina Katsalainen, Klasse 6, Evangelische Schule Neustrelitz
Gedanken zum Jahreswechsel. Ein Essay.
Ich bin 12 Jahre alt und besuche die 6. Klasse der Evangelischen Schule Neustrelitz. Es fällt mir leicht, Geschichten anschaulich zu erzählen. In meinem Kopf entsteht das Bild einer mutigen Heldin und dann sehe ich die Abenteuer, die sie bewältigt. Sie ist in einer wichtigen Mission unterwegs und kämpft, bis die Welt wieder in Ordnung ist.
Über die Welt, in der ich lebe, zu schreiben, ist neu für mich. Und leicht fällt es mir nicht. Natürlich mache ich mir Gedanken zu dem, was um mich herum passiert und was ich in den Medien lese. Aber hier fängt es schon an: Sind das Fakten oder Fake News? Ich soll nicht alles glauben, was gesagt wird, soll stattdessen selbst überlegen, ob das überhaupt stimmen kann. Und wer sind die Helden unserer Zeit? Greta Thunberg? Kylian Mbappé? Wolodymyr Selenskij? Sie sind bereit alles zu geben für ihre Sache. Aber hier geht es weiter. Was ist eigentlich ihr Ziel? Was treibt sie an? Mit welchen Mitteln kämpfen sie?
Und zuletzt der Ausgang der Story. Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob die Geschichte unseres Planeten überhaupt ein gutes Ende nimmt. Im Unterricht haben wir uns mit dem Leben in der Steinzeit beschäftigt und es ist erstaunlich, wie weit sich die Menschheit inzwischen weiterentwickelt hat. Dank moderner Technik ist unser Leben so leicht wie nie. Alles geht digital. Ich scanne mein Shirt selbst an der Kasse, zahle bargeldlos, shoote mich damit und poste es und animiere andere zum Kauf desselben Shirts. Das nennt sich influencern. Es gibt Autos, die von selbst fahren und Kreuzfahrtschiffe, die 16 Decks haben und die ersten Touristen auf dem Mond. Aber ist das Fortschritt? In der Wildnis könnte ich nur schwer überleben. Selbst ein Feuer machen? Mich an den Sternen orientieren? Fehlanzeige. Schon das Lesen einer einfachen Landkarte aus Papier bereitet Mühe. Wir sind eigentlich unselbstständiger als je zuvor. Und zimperlicher. Schon das Herabsenken der Raumtemperatur ist uns unangenehm.
Und was ist die Kehrseite unserer tollen Erfindungen? Wir ruinieren unsere Umwelt. Mit Flügen und Kreuzfahrten sowieso. Aber selbst E-Autos, Windräder, Solarpanels und Mülltrennung gehen nach hinten los.
Und die Herausforderungen der Menschheit: Armut, Kriege, Naturkatastrophen? Auch da sind wir nicht wirklich weiter. Es gibt Milliardäre, die einfach alles und jeden kaufen können und am Straßenrand verhungernde Kranke, Säuglinge, die während eines Bombenalarms im Keller zur Welt kommen, Kinder, die sich eine Niere herausoperieren lassen, damit ihre Familien überleben. Vom Aussterben bedrohte Tiere werden gejagt, Regenwald wird weiter abgeholzt.
Woher ich davon weiß? Vor allem aus dem Internet, das ein junger Mensch 214 Minuten pro Tag nutzt. Sagt die Statistik. Der leichte Zugang zu all diesen Informationen ist vielleicht sogar das Schlimmste. Ich erfahre viel, aber das meiste ist frustrierend. Während ich mich anstrenge, bewusster zu leben, muss ich sehen, dass da draußen der größte Blödsinn fabriziert wird, der all’ meine Mühen zunichtemacht. Oder es gibt gute Ideen, Verhandlungsbereitschaft, neue Ziele und dann scheitert es an Geld oder Einsatz oder die Sache ist nicht durchdacht gewesen.
Während ich hier tippe, neigt sich das Jahr 2022 seinem Ende zu. Seit Stunden höre ich Silvesterböller in der Luft explodieren. Wie war das mit der Müllvermeidung, dem Sparen angesichts gestiegener Energiekosten, dem Schutz der Umwelt?
Was ich mir wünsche für das nächste Jahr? Frieden, Gerechtigkeit - klar, aber vor allem weniger Lügen, dass sich das Richtige deutlicher zeigt und wir Mut haben, es zu tun.