Diese zwei Worte möchte ich jetzt einfach mal in den Raum stellen und sie wirken lassen.
Gehen wir gemeinsam in das Jahr 2003 zu einem jungen Paar Anfang 30 zurück, die junge Frau am Anfang ihrer Schwangerschaft und der Mann am Anfang seiner beruflichen Karriere.
„Sie“ sind gemeinsam schwanger - schwanger mit ihrem zweiten Kind, mit der Hoffnung auf eine bunte, kleine, vierköpfige Familie in der Zukunft.
Zerstört durch die eigentlich zu 90% sichere Diagnose des Arztes: Ihr Kind wird nicht alleine atmen können. Sprechen können. Gehen können. Essen können. Grundlegende Dinge nicht tun können. Gar nichts alleine können. Es muss 24 h beatmet werden. Schwerbehindert.
Das ist die Geschichte von meinen Eltern.
Und von mir.
Dennoch stehe ich heute nun vor euch. Nach langen, zum Teil sehr schweren gesundheitlichen Umwegen. Quietschvergnügt, munter, aufgeregt, und vor allem gesund.
Ich kann alleine atmen, ich kann essen, sprechen, allein gehen. Ich kann alles.
Jeden Morgen wache ich auf, durchlebe meinen Alltag und gehe mit den Worten meiner Eltern schlafen, dass sie dankbar sind, dass ich die Treppe auf und ab gehen kann, mir die Zähne putzen sowie meine Geschwister ärgern kann. Und das alles alleine.
In der 9. Klasse mussten wir ein soziales Praktikum absolvieren.
Ich war in diesen 5 Tagen in einer Schule für behinderte Kinder. Am Anfang war ich skeptisch, wie das werden sollte. Ich meine, wer geht denn - besonders in meinem Alter - mit beeinträchtigten Kindern jeden Tag um?
Muss ich etwas Besonderes machen?
Muss ich etwas Besonderes können, um sie menschlich zu erreichen?
Mit ihnen umgehen zu können?
Fragen über Fragen, die mich im Voraus beschäftigten.
Aber gleich nach dem ersten Tag konnte ich mir diese eine große Fragen beantworten, ob ich etwas Besonderes machen muss, um sie menschlich zu erreichen. Es war eigentlich ganz leicht zu beantworten: Nein, ich muss nichts Besonderes dafür können!
Denn das, was ich da erlebt habe, war mir nie bewusst gewesen.
Ich war dort mit Kindern zusammen, die glücklich waren, wenn man sie nur an die Hand genommen und ihnen geholfen hat.
Seit ich denken kann, sind meinen Eltern tätig in einem Verein für gehandicapte Kinder.
Gegründet wurde dieser von ihnen selbst. Er ermöglicht Kindern mit Einschränkungen, Urlaub zu machen, durch ihre Unterstützung und Organisation, fernab von den alltäglichen Sorgen und Problemen.
Jährlich gibt es ein Vereinsfest, bei dem alle Mitglieder zusammen kommen. Mit dabei ist immer auch Timm. Ein fröhlicher und aufgeweckter Junge. Nur abhängig von künstlichem Sauerstoff, Rollstuhl und die Pflege anderer.
Und mit diesen Erinnerungen startete ich mein Praktikum.
Wir sollten uns bewusst werden, wie beschenkt wir sind mit den grundlegenden Dingen und sollten dieses Geschenk „der Selbstständigkeit“ wertschätzen.
Schätzt die noch so unscheinbaren besonderen Dinge und seid dankbar dafür!