Vivien Schulz, Klasse 10, Regionale Schule „J. Nehru“
Brief an eine Therapeutin - ,,So will ich sein -mein ideales Ich."
Hallo liebe Frau Schuster, in einer unserer letzten Sitzungen haben wir uns darüber unterhalten, dass ich mich als Mensch nicht annehmen kann. Nun sollte ich Ihnen erklären, wie ich denn sein will bzw. wie mein Idealbild aussieht. Da ich meine Probleme habe, Ihnen das mündlich mitzuteilen, dachte ich, ich schreibe Ihnen einen Brief. Einmal stellt sich die Frage, was mir wichtiger ist: Aussehen oder Charakter. Da es meine eigene Person betrifft, steht das Aussehen für mich an erster Stelle. In unserer Gesellschaft gibt es zu viel Oberflächlichkeit. Aus diesem Grund habe ich große Probleme mit meinen überschüssigen Kilos Anschluss zu finden. Deswegen gebe ich alles, um den für mich perfekten Körper zu bekommen. Wenig essen und viel Sport lautet hier die Devise. Um perfekt zu sein, muss man schlank sein. So verlangt es die heutige Gesellschaft. Außerdem sieht die heutige Mode nur an Mädchen gut aus, die auch einen schönen Körper haben. Das ist das Thema, über das ich mir am meisten den Kopf zerbreche. Das Abnehmen ist das größte Ziel, was ich erreichen möchte. Es gibt noch eine andere Sache, die mein Aussehen betrifft. Ich habe meinen ganz individuellen Style und will ihn offen zeigen. Niemals würde ich mich so kleiden, wie es die meisten Mädchen von heute. Teure High Heels, Markenjeans oder Glitzerohrringe. Nein, so was ist nichts für mich. Ich muss mich von der Masse abheben können. Zum Beispiel mit ausgefallenen Haarfarben, extravaganten Kleidungsstücken oder einer Menge Körperschmuck. Das ist meine Welt, ganz gleich, ob es anderen gefällt oder nicht. Ich denke, diese beiden Dinge erklären schon mal, wie ich mich von außen annehmen würde. Nun stellt sich die Frage, wie ich das innerlich tun würde. Das zu beantworten, ist etwas komplizierter, da sich in meinem Kopf ein Idealbild festgesetzt hat, was ich erreichen will. Die Tatsache, dass ich diesem Idealbild in vielen Punkten widerspreche, ist für mich ein Störfaktor. Ich mag es nicht, wenn Menschen oberflächlich sind. Ich bin zwar ein Mensch, der andere nicht nach dem Äußeren beurteilen, aber es gibt eine Sache, die mich stört. Manchmal lästere ich über andere. Zum Beispiel, wenn sie etwas tragen, was mir nicht gefällt. Das muss aufhören, da ich nicht will, dass das jemand bei mir tut. An Toleranz fehlt es mir dagegen nicht. Schließlich akzeptiere ich die Meinung anderer und versuche sie zu verstehen. Das sind zwei weitere wichtige Punkte meines Idealbildes. Langsam wird es ziemlich kompliziert die richtigen Worte zu finden. Ich wäre wohl kaum bei Ihnen in Therapie, wenn ich nicht so viel Selbsthass in mir hätte. Dadurch hab ich, wie sie wissen, Depressionen. Jedes Mal, wenn ich einen Tiefpunkt erreicht habe, ziehe ich mich zurück. Wie eine Schnecke, die bei Regen Schutz sucht. Ist die Luft rein, kriecht sie weiter bis zum nächsten Regen. Das will ich nicht mehr. Es belastet mich. Ich will mein Leben genießen können und lachen, wenn ich weinen könnte. Kann ich lernen zu schätzen, was ich habe? Ich will doch einfach nur glücklich sein. Ich weiß, dass es nur an mir liegt, ob ich das Ziel erreiche oder nicht. Aber ich aber keine Ahnung wie ich das anstellen soll. Das wird wohl noch einige Zeit dauern, ehe ich es herausgefunden habe. Wie Sie ja nun auch schon wissen, bin ich Misanthrop. Es belastet mich unheimlich, wenn ich jeden in meiner Umgebung verabscheue. Es ist nahezu unmöglich für mich, jemanden näher an mich ranzulassen als nötig. Ich habe immer im Hinterkopf, dass es nur ein Mensch ist und Menschen sind böse. Ich verschließe mich vor allen, sogar vor Freunden, wenn man denn welche hat. Wahre Freunde habe ich kaum, doch gerade diese könnte ich gebrauchen. Unmöglich. Ich frage mich, wie man diesen Menschenhass los werden kann? Sicherlich, muss sich die Menschheit dafür erst ändern oder nicht mehr existieren. Ich bin zu schwach für mein Leben. Von allem und jedem lasse ich mich unterbuttern, obwohl ich das nicht will. Ich will mich durchsetzen und meine Meinung klar auf den Punkt bringen können. Die Meinung der anderen sollte mir dabei egal sein. Davon bin ich noch meilenweit entfernt. Um das zu schaffen, muss ich eine Menge an mir selber arbeiten. Nun bin ich am Ende. Ich musste mich überwinden, all dies hier aufzuschreiben. Mein Fazit ist, dass ich all diese Ziele nur aus eigener Kraft erreichen kann und ich habe mir vorgenommen dafür zu kämpfen. Für ein paar Tipps von Ihrer Seite wäre ich unendlich dankbar.