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Aus der Laudatio zur Preisverleihung 2005

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Die Laudatio hielt Jurymitglied Lothar Tautz.

Zum 6. Mal nun schon ist er für dieses Jahr ausgeschrieben worden: der Daniel-Sanders-Sprachpreis für Schülerinnen und Schüler, den die Stadt Neustrelitz vergibt. In diesem Jahr registrierte die Stadtverwaltung zehn Einsendungen. Allen kann bescheinigt werden, dass sie sich bemüht haben, ihrem sprachlichen Ausdrucksvermögen, ihrem Verständnis von Sprache, dem eigenen Sprachverstand , die angemessene schriftliche Form zu geben. Mit mehr oder weniger Erfolg, wie das halt so ist im Leben. Und für‘ s Leben Brauchbares sollten junge Leute in der Schule lernen, so wollte es Daniel Sanders, der bedeutende Sprachforscher und leidenschaftliche Pädagoge. Es war ihm ganz wichtig, Mädchen und Jungen zu befähigen den Anforderungen der modernen Welt in Beruf und Öffentlichkeit gerecht zu werden. Gerade heute - in unserer Wissens- und Informationsgesellschaft - spielen sprachliches Können und die Fähigkeit zu einem klarem, unmissverständlichen Ausdruck eine herausragende Rolle. Besonders, wenn man bedenkt. dass die hochentwickelte Kommunikationstechnik von Computer und Handy nicht eben dazu beiträgt, das sprachliche Ausdrucksvermögen Jugendlicher zu fordern - eine SMS lässt sich eben einfacher absetzen als ein Brief schreiben. Und was gar den mündlichen Ausdruck, das gesprochene Wort angeht, nun da hat wohl jeder von uns seine Erfahrungen gemacht, und die sind nicht immer die besten.
Da kann und will der Daniel-Sanders-Sprachpreis helfen, indem er die Teilnehmer auffordert, ihr Sprachvermögen zu schulen, sich der Mühe zu unterziehen, einen Text zu schreiben, der den drei Grundregeln für guten Stil gerecht wird. Indem nämlich die sprachliche Form dem Adressaten, dem Thema und der eigenen Botschaft angemessen gewählt wird.
Was sich so selbstverständlich und einfach anhört, ist es beileibe nicht. Das haben alle hier sicher selbst erfahren müssen, als sie sich hinsetzten, um etwas zu Papier zu bringen, das vor den Augen der Öffentlichkeit Bestand haben soll. Die Texte konnten frei gewählt werden, es gibt ja keine thematischen Vorgaben. Nur Literarisches, das Gedicht oder die Geschichte, sind nicht zugelassen.

Diesmal hatte es die Jury neben Zeitungsartikeln und Tagebucheintragungen vor allem mit Briefen und schriftlich fixierten Reden zu tun. So nimmt es denn nicht Wunder, dass die beiden Preisträger dieses Jahres mit Reden aus unterschiedlichem Anlass Erfolg hatten. Es sind zwei Gymnasiasten oberer Klassen, deren Arbeiten der Jury auszeichnungswürdig erschienen. Eine Kategorisierung der Preise war nicht möglich, da von den Hauptschulen keine Einsendungen vorlagen und die Realschulbeiträge nicht ganz überzeugen konnten.

Kommen wir nun zu den beiden Preisträgern.
Da wäre zunächst Maxi Knick aus Neustrelitz, die die 12. Klasse im Gymnasium Carolinum Neustrelitz besucht. Sie hat eine Rede geschrieben zum 12. Geburtstag ihrer behinderten Schwester Maria, die von Geburt an das Down-Syndrom hat und dann noch an Leukämie erkrankte. Nach Jahren der Ungewissheit, des Hoffens und Bangens kam die geliebte Schwester endlich wieder nach Hause. Maxi schreibt, dem Thema angemessen, gefühlsbetont und sensibel, ohne dabei in Larmoyanz zu verfallen. Sie spricht ihre Schwester direkt an und findet einfühlsam die richtigen Worte, wenn sie darüber schreibt, was sie mit der Schwester an ihrer Seite alles vermag. Ein Beispiel: ,,Mit dir an meiner Seite sehen andere ganz schön alt aus, denn du entwaffnest die Blicke Fremder, Voreingenommener, Ängstlicher, Ablehnender mit deinem offenen, liebevollen HALLO.“ Der Autorin gelingt nicht nur eine treffsichere Wortwahl, sie hat auch ein breites Spektrum bedeutungsgenauer Begriffe zur Hand. Da hat das religiöse Bild genauso seinen Platz wie ein Dankesgedicht. Ein rundum gelungener Text, der mit 500 Euro Preisgeld honoriert wird.

Der andere Preisträger heißt Colin Bartel aus Rowa, Schüler der 13. Klasse des Albert-Einstein-Gymnasiums in Neubrandenburg. Mit ihm hat es eine besondere Bewandtnis. Nicht nur, weil er den Preis heute zum 2. Mal erhält (er wurde bereits 2002 für sein fiktives Interview mit Anna Seghers ausgezeichnet). Deshalb habe er - wie er anmerkt – zunächst gezögert, sich noch einmal zu bewerben. Dieser Umstand hat aber auch die Jury nicht davon abgehalten, den Preis erneut an ihn zu vergeben ; schließlich hat - gestatten Sie mir diesen etwas hochgestochenen Vergleich - Marie Curie auch zweimal den Nobelpreis erhalten. Das Besondere an den Texten von Colin ist sein souveräner, ja fast artistischer Umgang mit der Sprache. Das kommt in der ,,kleinen Festrede zur Jubiläumsfeier des Fördervereins der Grundschule am See“ erneut ganz überzeugend zum Ausdruck. Diese Rede besteht aus drei Episoden, die - lose miteinander verbunden - die Vorgaben (Rückblick auf die eigene Grundschulzeit, Erinnerungen an die Grundschule am See, sonstige persönliche Erfahrungen) auf ganz individuelle, fantasievolle Weise von hoher Anschaulichkeit umsetzen. Colin steht eine große Bandbreite sprachlicher Instrumentarien zur Verfügung - vom bildlich-philosophischen Vergleich bis zur gern angewandten direkten Rede - mit denen er gekonnt ja, fast möchte ich sagen, jongliert. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er sehr genau weiß, wie gut er mit der Sprache umgehen kann, und dies auch gelegentlich gucken lässt. Nichts desto trotz: Colin Bartel ist, da waren sich alle Jury-Mitlieder einig, derjenige unter den Bewerbern um den Sprachpreis, der den - auch selbst gesteckt hohen - Anforderungen am besten gerecht wird. Davon zeugt eben zweite Auszeichnung mit dem Daniel-Sanders–Sprachpreis und der Geldprämie von 500 Euro.
Dazu sagt die Jury ihm und Maxi Knick herzlichen Glückwunsch, alles Gute den beiden und allen anderen jungen Leuten hier im Saal, die es diesmal noch nicht geschafft haben, es aber durchaus wieder versuchen sollten, denn es heißt im nächsten Jahr erneut: auf ein neues beim Daniel-Sanders Sprachpreis für Schülerinnen und Schüler!